Kauris im Hochland von Papua, Indonesien (Ein Nachtrag)

 

Cowries in the highlands of Papua, Indonesia (Supplement)

Bernhard Rabus

 Mein gleichnamiger, vorausgehender Artikel vom 12.12.2016 (abgedruckt im Primitivgeldsammler 37, 2 (2016) stützte sich weitgehend auf die Buchtheorie und einige Bilder aus der online-Sammlung des Yale Peabody Museum for National History (von Pospisil bei seinem Feldaufenthalt 1955 gesammelt). Kauris mit abgeschlagenem Rücken hat wohl jeder von uns, aber wer besitzt schon welche mit der genauen Herkunft und aus der Zeit? Unser Klubmitglied Kurt Koschatzky hat mich mit der Mitteilung überrascht, dass er Stücke mit der Herkunftsangabe Enarotali besitze und zwar Kauris, eine Nassa-Katte und Glasperlen, alle auf alte gedrehte Schnur aufgezogen. Als er das Konvolut ersteigerte, bildete es ein wirres Knäuel, von dem er zunächst nicht wusste, welche Schätze es barg. Enarotali ist die Hauptstadt des Regierungsbezirks Paniai, in dem das Siedlungsgebiet der Kapauku, auch Ekari oder Ekagi genannt, liegt.

 

Ich durfte die Stücke bei Herrn Koschatzky sehen und freundlicherweise hat er mir Fotos davon zur Verfügung gestellt. Sie sind nachstehend kommentiert. Damit wird die Theorie mit der Praxis verbunden.

Kaurigeld mege

Abbildung 3a

 

Abbildung 3b

Die definitive Einordnung der vorliegenden Kauris in eine der Wertklassen die im vorangegangenen Beitrag beschrieben worden sind, ist sehr schwierig. Sie kann nur vermutet werden. Zuerst ist die Entscheidung zu treffen, ob es sich um meekaa mege, also um die alten Stücke der Kapauku handelt oder um tuanika mege, von den Europäern eingeführte. Ein Unterscheidungsmerkmal sei die Farbe, schrieb Pospisil, die eingeführten seien gelblich, die alten aber weiß. Die 40 Stück der Abb. 3 sind zwar weiß, aber sie sind nicht so abgegriffen wie es von sehr alten Schneckenhäusern zu erwarten wäre. Deshalb neige ich eher zu tuanika mege, eingeführten Kauris.

Anders verhält es sich meines Erachtens mit den 6 Kauris der Abb. 4:

Abbildung 4

Sie sind weiß und sichtlich abgegriffen. Somit könnten es meekaa mege, „precious cowries“ nach Pospisil (1963:302-3) sein. Vielleicht waren es bomoje, „the most common old cowry shell of the wei mege subcategory“  In ihnen wurde der Wert einer Ware ausgedrückt. 10 tuanika mege entsprachen 1 bomoje. Somit beliefe sich Herrn Koschatzkys Kauri Vermögen auf 10 bomoje. Damit hätte er zu Pospisils Zeiten nur ein kleines Schwein kaufen können, ein erwachsenes 90-Kilo-Schwein hätte 20 bomoje erfordert (Pospisil, 1963:306).

Kette aus Nassa-Schneckenhäusern dedege

Abbildung 5a

Abbildung 5b

 

Die Länge von 2,15 m der Kette in Abb. 5, weist sie als dedege ma aus (ma = Körper). Solche Ketten wurden nicht wie diejenigen mit nur etwa 60 cm Länge als kursierendes Geld benutzt sondern waren unverzichtbarer Teil des Brautpreises. Über Glasperlen umgerechnet ermittelte Pospisil dafür einen Wert von etwa 3 bomoje (1963:304).

 

Glasperlen dau und pagadau

Abbildung 6

 

Pospisil hat 1955 beobachtet, dass auch Ketten mit Glasperlen verschiedener Farbe, Form und Größe (1 – 4 mm lang), pagadau genannt, als Geld betrachtet und verwendet wurden. Im gleichen Maß wie dedege peka – ca. 60 cm – verkörperten sie den gleichen Wert wie diese. Als Bezugsgröße für die Wertberechnung diente eine besondere Glasperle dau, hellblau, zylindrisch und etwa 6 mm lang. 30 von ihnen entsprachen 1 bomoje Kauri. Sie sind in Abb. 6  oben zu sehen. Vgl. dazu auch Abb. 7  im vorausgehenden Artikel (Primitivgeldsammler 37,2 (2016).  Wenn ich richtig gezählt habe enthält der  Strang 136 dau Perlen. Das wären umgerechnet 4 ½ bomoje Kauris.

Die Kette in der Mitte von Abb. 6 enthält zahlreiche dau Glasperlen und ist insgesamt ca. 60 cm lang. Sie ist als pagadau anzusehen. Die Kette in Abb. 6 unten ist ca. 1,70 m lang. Die weißen Perlen sind 2 mm lang und 4 mm dick, fallen daher in die Beschreibung durch Pospisil. Neben einigen größeren Perlen sind Plastikröhrchen und so etwas wie Federkiele eingestreut. Ihrer Länge nach könnte sie als pagadau ma eingestuft (ma = Körper) und wie dedege zu Brautpreiszahlungen verwendet worden sein. Wenn man alles zusammen nimmt, dann wäre vielleicht doch ein fettes Schwein für Herrn Koschatzky herausgesprungen.

Möglicherweise kommt beim Studium der Bilder noch manchem Leser die Erkenntnis, dass auch er Geld von den Kapauku besitzt. Dann kann er sich glücklich schätzen.

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Literaturverzeichnis:

  • POSPISIL, Leopold (1962): Kapauku Papuan Economy. New Haven.
  • RABUS, Bernhard (2016): Kauris im Hochland von Papua, Indonesien. Primitivgeldsammler 37/2, 49-57.